HAVE 3/2020

Algorithmische Entscheidungen: Rechenschaftspflicht ist besser als Information

Erdem Büyüksagis, Seite 225

Sowohl staatliche als auch private Einrichtungen und Unternehmungen stützen ihre Entscheidungen mehr und mehr auf Algorithmen. Selbst wenn ausschliesslich auf der Grundlage automatisierter Abläufe getroffene Entscheidungen von der Wissenschaft noch nicht bestätigte Risiken in sich bergen, deuten jüngste Untersuchungen darauf hin, dass damit gewisse Diskriminierungen einhergehen könnten. Das mit der Revision des Datenschutzgesetzes verfolgte Ziel weist auf solche möglichen negativen Folgen hin. Jedoch stellen weder die vorgesehene Lösung, welche mehr Transparenz in der Anwendung von Algorithmen fordert, noch der Rückgriff auf die im ZGB verankerten Persönlichkeitsrechte zum Schutze von Personen, die von einer automatisierten Entscheidung betroffen sind, ein geeignetes Instrument zur Verhinderung einer möglichen Verletzung der Grundrechte der betroffenen Personen dar. Der vorsorgliche Schutz betroffener Personen sowie die – speziell geregelte – Verantwortung der Entscheidungsträger sind zwei Vorschläge, die der Autor zur Überlegung empfehlt.

Das Arztgeheimnis im Haftpflichtfall, eine Schweizerreise

Marisa Bützberger, Seite 243

Ob und wann sich ein Arzt, der mit einem Haftpflichtanspruch konfrontiert wird, vom Arztgeheimnis befreien lassen muss, wird in den Kantonen derzeit sehr unterschiedlich gehandhabt. Der Beitrag stellt dar, dass und inwiefern allgemeine Rechtsgrundsätze und übergeordnete Vorschriften die Geheimnisoffenbarung gegenüber der eigenen Anwältin und der Haftpflichtversicherung rechtfertigen können.

Geschlechtsneutrale Prämien für die Motorfahrzeughaftpflichtversicherung?

Marco Frei, Seite 252

Während in der EU geschlechterspezifische Prämien bei Versicherungsverträgen unzulässig sind, geniessen Schweizer Versicherungsunternehmen den Schutz der Wirtschaftsfreiheit. Die geschlechtsbezogen- unterschiedliche Tarifierung in der Motorfahrzeughaftpflichtversicherung benachteiligt junge Männer und ältere Frauen. Rechtfertigen lässt sich dies in der Privatautonomie des Zivilrechts mit der durch den Vertragsschluss erteilten Zustimmung der Versicherten. Doch auch diese Freiheit hat Schranken, die es der Versicherungsaufsicht ermöglichen, die Versicherten vor nicht begründbaren und erheblichen Ungleichbehandlungen durch die Versicherungsunternehmen zu bewahren.

Der Abzug vom Tabellenlohn gemäss der Lohnstrukturerhebung

Marco Weiss, Seite 259

Bei der Festlegung des Invaliditätsgrades kann bei Versicherten, die wegen behinderungsbedingten oder anderen Merkmalen ihre gesundheitlich bedingte (Rest-)Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur wenig erfolgreich verwerten können, ein Abzug vom Invalideneinkommen (auch «Leidensabzug» genannt) gemäss Lohnstrukturerhebung vorgenommen werden. Dabei ist zu prüfen, ob und in welchem Ausmass das hypothetische Einkommen gekürzt werden kann. Der Beitrag zeigt auch auf, welche teilweise widersprüchlichen Tendenzen in der umfangreichen Kasuistik zu dieser Problematik zu beachten sind.

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