HAVE 2/2016

Haftungsbegründung anhand strafrechtlicher Schutznormen

Michel Verde, Seite 141

Nach der objektiven Widerrechtlichkeitstheorie liegt die Widerrechtlichkeit dann vor, wenn ein absolut geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt wird oder wenn das schädigende Verhalten gegen eine Norm verstösst, die den Schutz vor Schäden der eingetretenen Art bezweckt. Eine derartige Norm bezeichnet man als «Schutznorm». Als Quelle solcher Schutznormen dient unter anderem das Strafrecht. Gegenstand dieses Beitrages sind die Fragen, unter welchen Voraussetzungen ein Straftatbestand eine Schutznorm darstellt und wie weit der Rückgriff auf die Schutznorm reicht.

La tarification en matière d’assurance dans un marché libéralisé

Vincent Brulhart, Seite 155

La tarification en matière d’assurance privée est dépendante des règles qui gouvernent le marché libéralisé sur lequel elle intervient. Le marché libre suppose la concurrence. Or, celle-ci engendre, pour l’assureur, le risque d’anti-sélection auquel les modalités de tarification doivent permettre de faire face. Par ailleurs, une saine concurrence suppose la loyauté commerciale, laquelle impose une certaine éthique dans la conduite des affaires. L’assureur, compte tenu de sa responsabilité dans la gestion de la mutualité, est particulièrement attentif à cet aspect, notamment au moment de définir les critères d’appartenance aux familles de risques qu’il a constituées.

Die Tarifierung im Bereich der Privatversicherung unterliegt den Regeln des freien Marktes. Im freien Markt herrscht Wettbewerb. Dieser birgt für den Versicherer das Risiko der Antiselektion, welches bei der Gestaltung des Preises mitberücksichtigt werden muss. Darüber hinaus bedingt ein gesunder Wettbewerb den fairen Umgang unter Markteilnehmern, was eine gewisse Ethik bei der Führung der Geschäfte voraussetzt. Auch aufgrund seiner Verantwortung als Garant einer Mutualität legt der Versicherer besonderen Wert darauf; dies gilt insbesondere bei der Definition der Zuordnungskriterien zu den Risikogruppen, welche er gebildet hat.

Kriterien zur Bestimmung des Schweregrades einer neuropsychologischen Störung sowie Zuordnungen zur Funktions- und Arbeitsfähigkeit

Adrian Frei / Christian Balzer / Françoise Gysi / Julie Leros / Andrea M. Plohmann / Gregor Steiger, Seite 164

Im Beitrag wird ein Beurteilungssystem zur Einschätzung des Schweregrades von neuropsychologischen Störungen vorgestellt. Dieses umfasst insbesondere spezifische Kriterien zur Ermittlung des Schweregrades einer Störung, die wiederum in Beziehung zur Funktions- und Arbeitsfähigkeit eines Patienten oder Versicherten gesetzt werden. Das Beurteilungssystem beruht auf den in der Suva-Tabelle 8 zur Einschätzung der psychischen Folgen einer Hirnverletzung definierten Kriterien. Im Gegensatz zur Suva- Tabelle 8 ist das Beurteilungssystem unabhängig vom kausalen Versicherungskontext des UVG. Es kann somit auch im IVG, BVG, KVG, VVG oder im Haftpflichtrecht angewandt werden.

Der Kongruenzgrundsatz als Steuerungsmittel für eine gerechte Allokation von Haftpflichtleistungen (Teil 1)

Adrian Rothenberger, Seite 177

Der Beitrag befasst sich mit den Kongruenzkriterien, denen bei der Koordination von Haftpflicht- und Sozialversicherungsleistungen eine zentrale Bedeutung zukommt, da sie die Aufteilung der Schadenersatzleistungen auf die geschädigte Person und die regressierenden Sozialversicherer massgeblich beeinflussen. Der Autor behandelt in einem ersten Teil die zeitliche Kongruenz und kommt dabei zum Schluss, dass eine phasen- und periodenübergreifende Koordination notwendig sei und insbesondere der Rechnungstag oder der Zeitpunkt der Berentung keine Zäsur bilden dürfe, die einer Verrechnung von Über- und Unterentschädigungen entgegensteht. Einzig Perioden ohne Sozialversicherungsleistungen dürfen in die Ausgleichsrechnung nicht einbezogen werden.

Versicherungssumme, Selbstbehalt, Leistungskürzung: Anrechnung im Schadenfall

Jürg Nef, Seite 184

Die Versicherungssumme, der Selbstbehalt sowie allfällige Leistungskürzungen begrenzen die Leistung des Privatversicherers im Schadenfall. Leistungsbegrenzungen sind notwendig, denn Versicherungsunternehmen verfügen nur über beschränkte finanzielle Mittel. Der Beitrag erörtert den Begriff sowie die Ausgestaltung der Leistungsbegrenzungen. Anschliessend werden die Fragen und Probleme geklärt, die das Zusammentreffen von Versicherungssumme, Selbstbehalt und Leistungskürzung im Schadenfall aufwirft.

Wenn der Bankkunde zum Risiko wird: Können Phishing-Attacken versichert werden?

Lukas Bubb, Seite 190

Wenn Kriminelle mit technischen Hilfsmitteln Zugriff auf fremde Bankkonten erlangen, resultiert häufig ein Vermögensschaden. Verbleibt der Schaden bei der Bank, bietet die Vertrauensschadenversicherung grundsätzlich Deckung. Haftet der Kunde der Bank gegenüber für den entstandenen Schaden, stellt sich die Deckungsfrage bei der Haftpflichtversicherung des Kunden. Privathaftpflichtversicherungen bieten in der Regel keine Deckung, sei es, dass das betroffene Rechtsverhältnis des Kunden zu seiner Bank nicht als versicherter Bereich aufgeführt ist oder dass ausschliesslich Personen- und Sachschäden gedeckt sind. Häufig ist sogar ein expliziter Ausschluss für reine Vermögensschäden aufgeführt.

Sport als Wagnis

Raphael Cupa, Seite 196

Sportliche Betätigungen bergen ein gewisses Gefahrenpotenzial. Ist die Ausübung einer Sportart besonders gewagt, kürzt oder verweigert die Unfallversicherung Geldleistungen. BGE 141 V 37 gibt Anlass, sich mit dem Wagnistatbestand im Unfallversicherungsrecht zu befassen. Den fallspezifischen Aspekten kommt bei der Beurteilung von Wagnissen eine sehr unterschiedliche Bedeutung zu. Greifbare Abgrenzungskriterien hinsichtlich des Grads der Objektivierung von vermeintlichen Risiken und Gefahren fehlen. Die Folge sind zufällig wirkende Entscheide ohne erkennbare Systematik. Der Autor plädiert dafür, angesichts der unscharfen Konturen vom Wagnistatbestand künftig Abstand zu nehmen und die Leistungskürzung Art. 37 UVG zu überlassen.

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