HAVE 4/2024

Versicherungsaufsicht im digitalen Zeitalter – Fintech und die Selbständigkeit der Operation

Dominik Lusti, Seite 313

Der technologische Fortschritt im Finanzbereich stellt den Gesetzgeber und die Finanzmarktaufsicht vor zahlreiche neue Herausforderungen. Nebst dem Kapitalmarkt ist auch der Versicherungsbereich von diesen Veränderungen betroffen. Der klassische Versicherer entwickelt sich immer mehr zum umfassenden Risikomanager und neue Marktteilnehmer kombinieren ihre Angebote mit Versicherungsdienstleistungen. Ausserdem entstehen bisher unbekannte Geschäftsmodelle, welche sich dem Aufsichtsrecht entziehen. Im Zentrum dieser Problemstellung steht der Begriff der «Selbständigkeit der Operation», ein etabliertes Erkennungsmerkmal einer Versicherung, welches im Zusammenhang mit Finanztechnologie zu einer Aufsichtslücke führen könnte. Die Anforderungen des digitalen Zeitalters erfordern die Überarbeitung des jahrzehntealten Versicherungsbegriffs und stellen die institutsorientierte Versicherungsaufsicht in Frage.

Prozessführung in der Mitversicherung nach deutschem und schweizerischem Recht (Teil 2)

Jens Gal, Seite 320

Nicht selten wird die Eindeckung eines Industrierisikos die Kapazitäten eines einzelnen Versicherers
übersteigen, sodass es der Zerlegung dieses Risikos bedarf. Die älteste Methode, die die Versicherungswirtschaft hierzu zur Verfügung stellt, ist die Mitversicherung, bei der mehrere einvernehmlich agierende Versicherer ein und dasselbe Interesse gegen dieselben Gefahren durch koordinierte Verträge quotal versichern. Trotz ihrer über sechshundertjährigen Geschichte weist die Mitversicherung immer noch Nachteile zur Einzelversicherung auf, da Versicherungsnehmer auf Grund der Vertragskonstruktion grundsätzlich dazu gezwungen sind, ihre Pflichten und Obliegenheiten jeweils gegenüber jedem Mitversicherer gesondert zu erfüllen und im Versicherungsfall gesonderte Teilleistung zu verlangen und eventuell diese auch gesondert einzuklagen. Dies sind jedoch Probleme, die sich minimieren lassen.

Der Aufklärungsschaden

Sarah Leiendecker, Seite 331

Dieses Essay wurde im Rahmen des CAS Med-Law 2024 der rechtswissenschaftlichen und medizinischen
Fakultät der Universität Zürich/Kompetenzzentrum MERH verfasst und behandelt die Aufklärungspflicht des Arztes unter dem Begriff des Aufklärungsschadens. Das Ansehen des Arztes und seiner Aussagen erfuhr im Laufe der Zeit einen Wandel, welcher auch Auswirkungen auf die medizinische Aufklärung hatte und noch immer hat. Entsprechend beeinflusste diese Entwicklung auch den Aufklärungsschaden. Um dies zu veranschaulichen ist es zunächst nötig, den Begriff des Aufklärungsschadens zu umschreiben und von einer
fehlerhaften Aufklärung, einer nicht vollständigen oder gar nicht erfolgten Aufklärung abzugrenzen. Weiter wird auf das therapeutische Privileg eingegangen und seine Bedeutung beim Aufklärungsschaden erörtert. Abgerundet wird das Essay durch den Abschnitt zur Haftung und Vermeidung von Aufklärungsschäden. Abschliessend wird ein kurzes Fazit gezogen.

Krankentaggeldversicherung: Irrwege in den ausgeglichenen Arbeitsmarkt

Gabriel Hüni, Seite 334

Einzelne Krankentaggeldversicherer kennen in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen («AVB») Klauseln, welche den ausgeglichenen Arbeitsmarkt in die Anspruchs- und Leistungsbemessung einführen. Sei es, indem eine Schadenminderungspflicht auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt vorgeschrieben wird, oder indem die Leistungen nach der Erwerbsunfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt bemessen werden sollen. Der Gültigkeit solcher Klauseln stehen jedoch mehrere rechtliche Hindernisse entgegen: Nicht nur sind
Schadenminderungsmassnahmen auf dem fiktiven ausgeglichenen Arbeitsmarkt objektiv unmöglich (Art. 20 OR), auch verletzen solche direkt oder indirekt konstruierte Erwerbsunfähigkeitsversicherungen nach Massgabe des fiktiven ausgeglichenen Arbeitsmarktes im Bereich der Krankentaggeldversicherungen berechtigte Deckungserwartungen und sind insofern ungewöhnlich.

Grenzüberschreitende Produkterisiken: Einhaltung von Fristen bei Ansprüchen aus der Produkthaftung

Barbara Klett, S. 337

Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach dem Produktehaftpflichtgesetz (PrHG) unterliegt bestimmten Fristen. Es handelt sich dabei um Verjährungs- und Verwirkungsfristen, die unbedingt beachtet werden müssen, wenn sich die Fallbearbeitung zeitlich verzögert. Häufig ist bei Schadenfällen auf Grundlage der Produkthaftung ein internationaler Sachverhalt relevant. Die folgenden Beiträge befassen sich mit der Einhaltung der Fristen nach dem Produktehaftpflichtgesetz in der Schweiz sowie in den Nachbarländern Deutschland und Italien.

Die Hemmung der Ausschlussfrist im deutschen ProdHaftG durch Rechtsstreit und Mahnverfahren

Ralf-Thomas Wittmann* / Marco Hösch, Seite 341

Erlöschen des Haftungsanspruchs gegen den Hersteller – Rechtslage in Italien

Eva Knickenberg-Giardina, Seite 343
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