HAVE 3/2024

Regress von Gutachtenskosten der Unfallversicherung

Matthias Huber, Seite 239

Mit Inkrafttreten der ersten ATSG-Revision per 1. Januar 2021 nahmen Abklärungskosten Eingang in den Kongruenzkatalog der regressfähigen Leistungen von Art. 74 Abs. 2 ATSG. Dieselben sind gemäss ergänztem Gesetzestext, dem neu hinzugekommenen Buchstaben h, den Kosten der Schadenermittlung gleichgestellt. Damit dürften die mühseligen Diskussionen rund um den Regress solcher Aufwendungen ihr Bewenden haben, so dachte zumindest der Verfasser des vorliegenden Beitrags. Nichtsdestotrotz ist es heute leider nach wie vor Usanz, dass die Haftpflichtversicherer die entsprechenden Kosten entweder gar nicht bezahlen oder sich lediglich – zumeist in hälftigem Umfang – daran beteiligen wollen. Diese Praxis contra legem gilt es zu korrigieren. Obschon die nämlichen Ausgaben gerade in Hochkostenfällen mit Dauerleistungen im gesamten Schadenquantitativ prozentual kaum ins Gewicht fallen, wäre es nach Dafürhalten des Schreibenden schlicht falsch, die Allgemeinheit dafür aufkommen zu lassen, zumal die Abklärungskosten – gerade bei polydisziplinären Gutachten – in absoluten Zahlen doch beachtlich und im Übrigen aufgrund der schieren Anzahl der notwendigen Expertisen von Relevanz sind. Kosten für externe Begutachtungen zum Zwecke der Ursachenermittlung, des Schadens- oder Kausalitätsnachweises, von denen der ersatzpflichtige Dritte und dessen Versicherung gleichfalls profitieren, sollen verursachergerecht vollumfänglich letzteren, mit anderen Worten dem Haftpflichtversicherungssystem,
alloziert werden. Nichts anderes kann der Gesetzgeber mit eingangs erwähnter revisionsweisen Aufnahme von Abklärungskosten in die Aufzählung kongruenter Leistungen gewollt haben.

Prozessführung in der Mitversicherung nach deutschem und schweizerischem Recht (Teil 1)

Jens Gal, Seite 249

Nicht selten wird die Eindeckung eines Industrierisikos die Kapazitäten eines einzelnen Versicherers
übersteigen, sodass es der Zerlegung dieses Risikos bedarf. Die älteste Methode, die die Versicherungswirtschaft hierzu zur Verfügung stellt, ist die Mitversicherung, bei der mehrere einvernehmlich agierende Versicherer ein und dasselbe Interesse gegen dieselben Gefahren durch koordinierte Verträge quotal versichern. Trotz ihrer über sechshundertjährigen Geschichte weist die Mitversicherung immer noch Nachteile zur Einzelversicherung auf, da Versicherungsnehmer auf Grund der Vertragskonstruktion grundsätzlich dazu gezwungen sind, ihre Pflichten und Obliegenheiten jeweils gegenüber jedem Mitversicherer gesondert zu erfüllen und im Versicherungsfall gesonderte Teilleistung zu verlangen und eventuell diese auch gesondert einzuklagen. Dies sind jedoch Probleme, die sich minimieren lassen.

Transparenz über nichtfinanzielle Belange – braucht es eine Haftungsbestimmung?

Nadine Forter, Seite 258

Die Konzernverantwortungsinitiative hat aufgrund der vorgesehenen – international einmaligen – Haftung der Muttergesellschaft für das Fehlverhalten sowohl von einer oder mehreren Tochtergesellschaft(en) als auch wirtschaftlich abhängigen Zulieferern für Aufruhr gesorgt. Nachdem die Konzernverantwortungsinitiative gescheitert ist, wurden – dem Vorbild der RL 2014/95 EU folgend – namentlich die Art. 964a–964c OR  Transparenz über nichtfinanzielle Belange) als indirekter Gegenvorschlag ins Obligationenrecht aufgenommen.
Im Unterschied zum Initiativtext der Konzernverantwortungsinitiative verzichtet dieser hingegen auf entsprechende Haftungsregeln und setzt stattdessen auf eine strafrechtliche Sanktion. Um Unternehmen dazu zu bringen die Transparenzvorschriften zu beachten, scheint es nicht notwendig, eine neue Haftungsbestimmung einzuführen. Vielmehr sollten die Sanktionen ausgebaut und verschärft werden.

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