Das haftpflichtrechtliche Genugtuungssystem der Schweiz ist gut so wie es ist
Sind die Schweizer Genugtuungssummen im Vergleich zum Ausland tatsächlich zu gering? Die
Autoren dieses Beitrages sagen nein. Denn die Genugtuungssummen dürfen nicht nur oberflächlich
verglichen werden. Für einen seriösen Vergleich müssen die ländertypischen Schadenersatzsysteme mit ihren unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und den übrigen Schadenpositionen mitberücksichtigt werden. Geschieht dies, steht die Schweiz deutlich besser da, als gerne behauptet wird. Deshalb und weil das heutige System in der Praxis gut funktioniert, ist ein Wechsel zu anderen Bemessungsmethoden nicht angezeigt. Der immer wieder postulierte Schematismus würde sowohl dem klaren Wortlaut des Gesetzestextes wie auch
der konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichts widersprechen. Insbesondere dem Schematismus
«Genugtuung = Integritätsentschädigung mal Faktor x» haben die Richter in Lausanne konsequent eine Absage erteilt. Dies ist sachgerecht, weil Genugtuung und Integritätsentschädigung unterschiedlichen Gesetzmässigkeiten folgen. Abgesehen davon sind die postulierten Tarifsysteme längst nicht so einfach wie sie auf den ersten Blick erscheinen.