HAVE 3/2022

Durchgriff in der Betriebshaftpflichtversicherung

Mike Schumacher, Seite 239

Die Betriebshaftpflichtversicherung schützt das Vermögen vor Schadenersatzforderungen Dritter.
Schädigt die Einpersonen-AG die Alleinaktionärin und begehrt anschliessend Versicherungsleistungen,
muss geprüft werden, ob es sich um einen nicht versicherten Eigenschaden oder einen versicherten
Drittschaden handelt. Die Deckungsfrage lässt sich mithilfe der Rechtsfigur des Durchgriffs
beantworten. Demnach kann der Versicherer durch den Schleier der juristischen Person hindurchgreifen
und die Leistungspflicht ablehnen, wenn eine wirtschaftliche Einheit zwischen Haftpflichtiger
und Geschädigtem besteht und die rechtliche Selbstständigkeit der juristischen Person bloss vorgeschoben
wird, um Versicherungsschutz zu erlangen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das ursprüngliche
Geschäft zwischen den Parteien dem «dealing at arm’s length»-Prinzip widerspricht, die
beherrschte juristische Person mithin kein eigenständiges wirtschaftliches Interesse an der Leistung
zu Gunsten der beherrschenden Person hat.

Neuerungen im Versicherungsvermittlungsrecht

Kevin M. Hubacher, Seite 247

Im Frühjahr 2022 wurde die Teilrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes verabschiedet. Derzeit
läuft das Vernehmlassungsverfahren zur Änderung der Aufsichtsverordnung. Bereits jetzt lassen sich
aber einige zentrale Neuerungen im Versicherungsvermittlungsrecht identifizieren. Nebst der klaren
Trennung von gebundener und ungebundener Vermittlungstätigkeit sind vor allem die aufsichtsfreie
Vermittlung von Annexversicherungen, die Regelungen zu möglichen Interessenkonflikten, der
Offenlegung von Entschädigungen, der Aus- und Weiterbildung, der Corporate Governance sowie
der Berichterstattung an die FINMA erwähnenswert. Der Beitrag zeigt, dass sich das neue Versicherungsvermittlungsrecht nicht nur an der EUVersicherungsvertriebsrichtlinie orientiert, sondern auch einzelne Insurance Core Principles der International Association of Insurance Supervisors implementiert. Der Autor kommt zum Fazit, dass die Neuerungen zu einem stärker regulierten Versicherungsvermittlungsgeschäft führen.

Le maintien de la prévoyance des travailleurs licenciés

Corinne Monnard Séchaud/Fabien Dutoit, Seite 257

Un peu plus d’un an après l’entrée en vigueur de l’art. 47a LPP, le moment est peut-être celui d’un
premier bilan. Pour l’essentiel, cette disposition prévoit la possibilité pour les travailleuses et travailleurs
de 58 ans au moins qui ne sont plus soumis à l’obligation d’assurance de maintenir leur affiliation
à l’institution de prévoyance antérieure en cas de licenciement. S’il s’agit d’un progrès dans la
protection sociale des employés âgés, nombreuses sont les interrogations soulevées par l’introduction
de ce droit. Cette contribution présente les contours du droit au maintien de la prévoyance et interroge
trois domaines : le licenciement, les délais pour exercer le droit au maintien et la coordination avec
l’assurance-chômage.

Wirtschaftssanktionen gegen Russland - Herausforderung für die Compliance von Versicherungen

Rolf Nebel, Seite 265

Die Sanktionen gegen Russland als Folge des Krieges gegen die Ukraine haben das Embargorecht wieder in
den Fokus der Compliance von Versicherungen gerückt. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den
Auswirkungen der aktuellen Russland-Sanktionen auf Versicherungen. Sowohl die Personensanktionen
als auch die Gütersanktionen erfordern eine risikobasierte Due Diligence bei Abschluss und Erfüllung
von Versicherungsverträgen. Bei der Anwendung der Sanktionen auf Versicherungen bestehen zahlreiche
Grauzonen und Rechtsunsicherheiten. Aus diesem Grund sowie in Anbetracht des beträchtlichen Reputationsrisikos haben manche Unternehmen Eigensanktionen beschlossen, die über das rechtlich vorgeschriebene Sanktionsregime hinausgehen.

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