HAVE 3/2018

Haftung für fehlerhafte Medizinalprodukte: Notwendigkeit einer europarechtskonformen Auslegung?

Erdem Büyüksagis / Simone Wittwer, Seite 249

Im Bereich der Haftung für Medikamentenschäden besteht zwischen der Rechtsprechung des Bundesgerichts und jener des EuGH eine wesentliche Divergenz. Die Schweizer und die europäischen Richter haben nicht dieselbe Wahrnehmung, was die (Sicherheits-)Erwartungen gewisser schutzbedürftiger Personengruppen wie namentlich der Patienten anbelangt. Die Autoren untersuchen die Rechtsprechung der beiden Gerichte und kommen zum Schluss, dass sich die unterschiedliche Interpretation der massgebenden Lehren, die sich in den beiden Rechtsprechungsinstanzen zeigt, möglicherweise mit gewissen Prägungen der kulturellen Werthaltung, des sozio-ökonomischen Hintergrunds und der Justizsysteme erklären lässt. Das rechtfertigt nach Ansicht der Autoren indessen nicht, dass der Yasmin-Entscheid ganz erheblich vom Wortlaut des PrHG abrückt. Sie legen dem Bundesgericht nahe, sich in künftigen Angelegenheiten zu bemühen, die Überlegungen darzulegen, die zu seinem Entscheid geführt haben, insbesondere mittels einer Analyse des Fehlertyps, der den Schaden verursacht hat, der angemessenen Präsentation des Medikaments durch den Hersteller, der Möglichkeiten zur Risikominimierung und der Schutzbedürftigkeit des Patienten.

Der intensitätsarme Kausalzusammenhang und die Bedeutung der vorgelagerten Prüfung des Ursachenzusammenhangs

Luciano R. Martelozzo, Seite 264

Der Beitrag geht anhand von zwei konkreten Urteilen des Bundesgerichts der Frage nach, inwiefern dem beurteilten Sachverhalt überhaupt eine natürliche Kausalität zugrunde lag. Der Autor bemängelt, dass das Gericht die medizinischen Gutachten nicht darauf hin überprüft habe, ob sie den herrschenden medizinischen Lehrmeinungen entsprechen. Der Aufsatz weist darauf hin, dass eine technische Unfallanalyse für die Diagnosestellung von Bedeutung sein kann. Dieses gebe auch bei der Rechtsfigur des intensitätsarmen Kausalzusammenhangs Rückschlüsse für das Ausmass der Reduktion des Schadenersatzes.

Der Haushaltschaden – die verbliebenen schwarzen Löcher

Ignacio Moreno, Seite 269

Obgleich der wegweisende Entscheid «Blein» (BGE 108 II 434) bereits vor über 35 Jahren ergangen ist, finden sich rund um den Haushaltschaden auch heute noch ungeklärte Fragen. Ist beispielsweise der statistische Aufwand für Gartenarbeiten in einem Haushalt zu berücksichtigen, wenn sich die Parteien auf die Anwendung der statistischen Grundlagen geeignet haben, im konkreten Haushalt aber kein Garten vorhanden ist? Darf der Einschränkungsgrad im Haushalt von der Erwerbsunfähigkeit abgeleitet werden bzw. welche Hilfsmittel und Faustregeln können nützlich sein? Und wie ist vorzugehen, wenn eine geschädigte Person nach dem Unfall in einem Heim untergebracht wird oder sich wegen einer durch den Unfall vereitelten Berufskarriere zurück- und in ein grösseres Bauernhaus umzieht, das im Einklang zur Berufskarriere ohne Unfall nicht bezogen worden wäre? Der nachstehende Beitrag wirft einen Blick auf ungelöste Fragen, präsentiert Lösungsvorschläge und thematisiert insbesondere die Problematik rund um die zeitliche Optik, mithin die Frage nach damnum emergens und lucrum cessans.

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