HAVE 2/2013

Gefährdungshaftung, Unternehmenshaftung, Verschuldenshaftung

Gert Brüggemeier, Seite 87

Im deutschsprachigen Rechtsraum gilt das zivile Haftungsrecht unverändert als durch das Prinzip der personalen Selbstverantwortlichkeit gekennzeichnet. Die Verschuldenshaftung ist jedoch seit 150 Jahren einem anhaltenden Korrosionsprozess unterworfen. In Reaktion auf die Herausforderungen der Industrialisierung – technische Risiken, Unternehmen, Versicherung – haben sich mannigfache hybride Formen «strikterer» Haftung herausgebildet. Der Verfasser des Beitrags plädiert für eine überfällige Neuorientierung und spricht sich für die grundsätzliche Anerkennung einer Dreispurigkeit des Haftungsrechts aus: personale Verschuldenshaftung, quasi-strikte Unternehmenshaftung (Arbeitgeber- und Organisationshaftung) und Gefährdungshaftung.

Die Haftung für ungewolltes Leben unter Berücksichtigung neuer Urteile

Nicolai Fullin/Anouck Zehntner, Seite 102

Zwei neuere kantonale Urteile geben Anlass, die aktuelle rechtliche Beurteilung von Wrongfulbirth- und Wrongful-life-Klagen darzustellen. Der Beitrag befasst sich zunächst mit der Rechtslage in den umliegenden Ländern sowie der bisherigen schweizerischen Rechtsprechung. Anschliessend wird anhand eines Urteils des Obergerichts Bern zum Thema wrongful life und eines Urteils des Bezirksgerichts Arlesheim betreffend eine Wrongful-birth-Klage die aktuelle schweizerische Rechtsprechung dargestellt. Diese beiden Urteile sind rechtskräftig und kommen zum Schluss, dass ein haftpflichtrechtlicher Anspruch der Eltern für ein ungewollt geborenes Kind (wrongful birth) besteht, das Kind selber jedoch keine Haftpflichtleistungen beanspruchen kann (wrongful life).

Gebt dem Makler, was des Maklers ist, und dem Kunden,

Stephan Fuhrer, Seite 107

Der Makler ist Beauftragter des Versicherungsnehmers. Der Versicherer verpflichtet sich gegenüber dem Versicherungsnehmer, für das Honorar des Maklers aufzukommen. Soweit der Versicherer die (zwischen Makler und Versicherungsnehmer) vereinbarte oder eine marktübliche Vergütung bezahlt, stellt dies keine Leistung eines Dritten dar, da der Versicherer die Honorarforderung des Versicherungsnehmers und damit des Vertragspartners des Maklers begleicht. In diesem Umfang muss der Makler die Zahlungen des Versicherers nicht dem Versicherungsnehmer abliefern. Vereinbaren Makler und Versicherer jedoch die Entrichtung von Zusatzcourtagen und Sondervergütungen, so handelt es sich dabei um nach der Retrozessions-Praxis des Bundesgerichts ablieferungspflichtige Drittleistungen. 

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