Haftung für «Phantom-Beschwerden»?
Vor über zwei Jahrzehnten befand das Bundesgericht in BGE 117 V 359, ein Schleudertrauma könne auch ohne organische Nachweisbarkeit zu einer dauernden Arbeitsunfähigkeit führen. In den Jahren 2008 und 2010 änderte es mit den Entscheiden BGE 134 V 109 und BGE 136 V 279 seine Ansicht wieder. Nach Auffassung der Autoren steht hinter der plötzlichen Genese des sogenannten «Schleudertrauma-Phänomens» und den daraus abgeleiteten, hohen finanziellen Ansprüchen in den 1990er- und 2000er-Jahren eine zweifelhafte Rechtsprechung. Wie schon bei früheren «Phantom Schädigungen» («Railway spine», «Repetitive strain injury») habe auch beim Schleudertrauma die erstmalige gerichtliche Anerkennung dauerhafter Arbeitsunfähigkeit zu einer raschen Ausbreitung eines zuvor weitgehend unbekannten Krankheitsbildes geführt. Die Autoren lehnen deshalb eine zivilrechtliche Haftbarkeit für organisch nicht nachweisbare Gesundheitsbeeinträchtigungen infolge von Bagatellereignissen oder ähnlich geringfügigen Umständen ab und weisen dem Sozialversicherungsrecht die Aufgabe zu, für diese Fälle eine angemessene Lösung zu finden.