Organisationshaftung – mit ungleichen Ellen gemessen
Bei verschiedenen Haftungsformen, die man dem Begriff der «Organisationshaftung» zuordnen kann, wird die Haftung einer arbeitsteiligen Organisation von einer Art objektiven Unsorgfalt abhängig gemacht. Zur positiven Vertragsverletzung, zu Art. 58 OR wie auch zur Staatshaftung gemäss Art. 3 VG hat sich diesbezüglich eine nuancierte Rechtsprechung herausgebildet, welche – trotz der unterschiedlichen Rechtsnaturen dieser Haftungsgrundlagen – eine Haftung an ähnlich umschriebene, u.a. nach Voraussehbarkeit ex ante und Zumutbarkeit abgestufte Sorgfaltspflichten anknüpft. Demgegenüber geht die neuere Auslegung von Art. 55 OR von tendenziell strengeren Sorgfaltspflichten aus, die kaum mehr zu erbringen sind. Diese Auslegung erscheint verfehlt und wurde mehrfach kritisiert. Es ist deshalb anzustreben, die organisatorischen Sorgfaltspflichten des Geschäftsherrn nach Art. 55 OR künftig wieder feiner abzustufen und so die Geschäftsherrenhaftung in einen Wertungsgleichklang mit den anderen beschriebenen Haftungsformen zu bringen.